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Tannenkopf Bookie's Cup Up
Thale 16.-18.7.04


3. Spieltag


Gruppe A

Arthur Rosenberg "Demokratie und Klassenkampf im Altertum" vs. Theodor Fontane "Cecile"

„Sieh, Pierre“, sagte Cecile, die sich angesichts dieses lachendes Bildes rasch wieder erheiterte, „das ist hübsch, daß wir noch Leben vorfinden.“ Aber der Schein war trügerisch. „Ich denke, wir nehmen den Tee noch gemeinschaftlich auf dem Balkon.“ Die Besitzenden schlossen sich zusammen. „Nicht wahr, Herr von Gordon?“
Vielmehr sind die Massen fromm und gläubig geblieben. „Oder bist du für Extratouren?“ Was sollten die jungen Leute dann machen?
Und er schloß das Fenster und suchte die Ruhe.

 

Otto Berthold (Hg.) "Kaiser, Volk und Avignon" vs. Hans Paasche "Die Forschungsreisen des Afrikaners Lukanga Mukara ins Innerste Deutschlands"

Ein großer Bach war schnell zu Tal geflossen. Aber das ist entgegenstehend dem katholischen Glauben. Wo der eine Wagen herkommt, fährt der andere hin. Aber es ist offenkundig, daß alle Ordensangehörigen nichts zu eigen haben. Die Menschen, die in den Wagen fahren, haben Bücher, in denen geschrieben steht, wie schnell die Wagen hin- und herrasen. Also wird auch bei ihnen der Gebrauch nicht vom Eigentum getrennt in solchen Dingen. Einer trug ein Buch bei sich, in dem er mir zeigte, daß es in jedem Jahr mehr würde. Also wären sie alle Eigentümer an Nahrungsmitteln und Kleidung und Geld. Ich fragte, wann es denn genug sei? Und auch Christus war danach Eigentümer. Er wußte das nicht. „Wenn du vollkommen sein willst“ und so weiter. Sie nennen das Leben.

 

Gruppe B

Elsbeth Wolffheim "Wladimir Majakowskij und Sergej Eisenstein" vs. Arthur Rosenberg "Geschichte des Bolschewismus"

Schämen sollten sich alle Kleingläubigen, Schwankenden, Zweifelnden, alle, die sich einschüchtern ließen von der Bourgeoisie, auch diejenigen, die den Warnungsrufen der direkten oder indirekten Helfershelfer der Bourgeoisie unterlagen. Denn nach dem „Roten Oktober“ war Sexualität ein gesellschaftspolitisches must wie Essen und Arbeiten, oder – wie Ilja Ehrenburg sich mokiert – „der gerade Produktionsprozeß von zwei Kleingewerbetreibenden.“
Bald klärte sich die Situation. Eisenstein hat sich als „bisexuell“ bezeichnet und vorsichtshalber sogar zweimal geheiratet. Akut wurde der Konflikt erst nach Lenins Tod. Eine Ménage à trois habe es nie gegeben. Sie konnte aber auch keine Dauereinrichtung der Sowjetmacht werden.

 

Gottfried Kerscher "Architektur als Repräsentation" vs. Uwe Topper "Zeitfälschung"

Auf den Kapitellen finden sich oft einzelne Köpfe, losgelöst vom Körper, verselbständigt. Doch in manchen Fällen geben sie Raumkonstellationen  zu erkennen oder definieren sofgar Teilräume und Raumfolgen. Das Mädchen ist nackt, der Mann bekleidet. Sie strukturieren somit den Palast. Auch solche Bilder gibt es an den Portalen: Ein Hölenrachen verschlingt die Säule, die als Achse des Weltalls die kosmische Ordnung verkörpert. Dieser Rückblick bestimmt den Anfangspunkt und die Bewertung aller für signifikant erachteten Motive. Der Neuanfang ist augenscheinlich.

 

Gruppe C

Arthur Rosenberg "Geschichte der Weimarer Republik" vs. Brigitte Hamann "Hitlers Wien"

Nach 1918 sollte aber die nationale Befreiung im Namen des Großkapitals und des Großgrundbesitzes gemacht werden. „Nun zeig es, deutscher Michel, was du kannst!“ Die Nachkommen gerade der Schichten, die 1813 den Reformern das Leben so sauer gemacht hatten, spielten sich jetzt als die alleinigen Träger der nationalen Idee auf. „Arbeit – unentwegte Arbeit! – Opfer, Hingabe für dein Volk!“ Die Gegenrevolution beherrschte jetzt allein das Feld. „Sonst kommen dir die anderen vor und du bleibst hinten.“ Dabei war die Arbeitszeit in den Großbetrieben in der Regel am längsten.

 

Ute Brandes "Zitat und Montage in der neueren DDR-Prosa" vs. Horst Szczesny "Schlachten des kalten Krieges"

Ein leitender Beamter des Außenministeriums: Montierte Texte beabsichtigen, dem Leser einen Denkimpuls zu geben, der weit über die Lektüre des einen Textes hinausgeht.
Eine Äußerung dazu lautete: Montieren ist die absichtsvolle Tätigkeit des Autors, über das Verständnis von einer oder mehrerer Erzählinstanzen hinweg fremdproduzierte Zitate untereinander und mit fiktiven, zusammenhängenden Textstellen zusammenprallen zu lassen.
Einer der einflußreichsten Publizisten dieser Tage: Die Montage bietet dem Leser heterogene Blickpunkte zu einem übergreifenden Thema.
Bekannte Politiker jener Zeit schürten die Hysterie: Die Eindringlinge unterbrechen und stören den Fiktivtext, der aber bereichert dann fortgesetzt wird.
Die Gehässigkeiten steigern sich mit der Zeit: Einige Anzeichen des Übergangs zu solcher Auflösung von Sinngehalt finden sich im letzten Kapitel dieser Arbeit.
Im Rückblick: wie töricht sind wir gewesen! Die Montage ist ein intellektuelles Kunstverfahren, das sich auf Konstruktion und Technik beruft und einer illusionistischen Einheit widerstrebt.
„Wir geben uns Illusionen hin, wenn wir nicht erkennen, daß die Hauptmacht der kommunistischen Staaten nicht in ihrer heimlichen Tätigkeit, sondern in der Wirkung ihres Vorbilds liegt.“

 

Gruppe D

testcard - Beiträge zur Popgeschichte - Nr. 13 "Black Music" vs. Werner Pieper (Hg.) "Widersteh dich!"

Erstens, was ich sage, ist nicht neu. Es wurde überhaupt nur getanzt.
Zweitens, was ich sage, haben schon viele gesagt und getan - sowohl in manchen Reggae-Spielarten wie auch in den Kanons von Bach. Das finde ich gut.
Diese Unterscheidung zwischen inoffiziellem und offiziellem Tanz - diese Linie bildet die Schwelle des Hauses.
Welche Bilder machen wir uns, nach denen wir die Tanzbarkeit erkennen, interpretieren und einzurichten versuchen? Denn da ist keine Tanzwut mehr, die Welten auseinandertrennt. Pogo hat zumindest das Potential. Es gibt einen lebendigen Zusammenhang von Musik und wilden Schreien begleiteten Tanzzügen.
Aber solange der Tanz das nicht macht, leben sie weiter wie gehabt.
Wen will ich nähren, wem entziehe ich meine Nahrung? Dem Gefühl der Ekstase im Sinne des wilden und ungezügelten Lusterlebens?
Nehme ich es in Kauf, mit metallischen Idiophonen an der Tanzkleidung lächerlich zu sein, als hysterisch zu gelten in den Augen derer, die noch nichts begriffen haben, oder verletzt mich rhythmisch psychedelische Tanzmusik, kann ich Tänze als Manifest nicht ertragen?
Wen will ich stärken, wen schwächen?
Die weißen Hintern, Hand in Hand.

 

Rudolf Kersting "Wie die Sinne auf Montage gehen" vs. Matt Ruff "G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke"

Das Kino jener Zeit ist Stückwerk im besten Sinne: Ich werde einen Sohn zur Welt bringen.
Es war babylonisch, aber es gab wenige, die nicht davon profitierten: Und so nahm eine lange Familienchronik ihren Anfang.
Das klassische Aufbauschema des Dramas umfaßt die Stufen...
Aber Seraphina sah sich selten die ganze Geschichte am Stück an. Es stört einen das plötzliche Abbrechen der Bilder, das Zusammenhanglose im Wechsel der Landschaften, die Trivialität in der Wiedergabe nebensächlicher Szenen.
Der Computer spielte ein romantisches Thema, zu dem sich die Liebenden, endlich vereint, in die Arme sanken.
Flecken, Risse, Sprünge in den Films hageln und blitzen vor dem Auge vorüber wie ein Bombardement von Schmutz und Funken.
„Das reicht für heute“, sagte Seraphina.



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