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Tannenkopf Bookie's Cup Up
Thale 16.-18.7.04


2. Spieltag


Gruppe A

Theodor Fontane "Cecile" vs. Hans Paasche "Die Forschungsreisen des Afrikaners Lukanga Mukara ins Innerste Deutschlands"

Der Privatgelehrte verneigte sich. „Was arbeitest du?“ – „Ich arbeite nicht; ich bin vorhanden.“ – „Und was ist es, woran Sie Anstoß nehmen?“ Niemand hat das Recht, nackt zu gehen, ja niemand findet es anstößig und gemein, Kleider zu tragen. „Gewiß, meine gnädigste Frau, wennschon ich Ihnen offen bekenne, daß der Gang unserer Geschichte nicht d e r war, der er hätte sein sollen.“ Wenn sie mich nackt sähne, würden sie mich verfolgen. Und wirklich, es war ein Bild voll eigenen Reizes. Frei atmet Deine Brust, die Sonne bescheint Deine glatte Haut, und Dein nackter Fuß berührt die fruchtbare Erde. Der Privatgelehrte seinerseits machte gute Miene zum bösen Spiel und folgte. Die Unsitte der Kleider bringt es auch mit sich, daß die Männer und Frauen der Wasungu heiraten, ohne voneinander zu wissen, wie sie nackt aussehen. „Wie schön“, sagte Cecile. In Deutschland gilt es als anständig.


Arthur Rosenberg "Demokratie und Klassenkampf im Altertum" vs. Otto Berthold (Hg.) "Kaiser, Volk und Avignon"

Alle drei Worte stammen aus dem Altertum: proletarius und dictator sind lateinisch, demokratia ist griechisch. Gewiß keineswegs, da es offenbar ist und im Corpus iuris der alten Kaiser und Fürsten niedergelegt. Proletarius bedeutete im alten Rom den „Besitzlosen“; im Gegensatz zu dem „Besitzenden“, dem assiduus; eigentlich der Ansässige, weil der wichtigste Besitz in der ältesten Zeit der Grundbesitz war. Daraus erhellt mit vollster Klarheit der offenkundige Haß, den er gegen das heilige Reich und uns trägt. Seltsamerweise war „Proletarier“ im alten Rom ein amtlicher Begriff; jeder Römer wußte, sozusagen durch die Polizei, ob er Proletarier war oder nicht. Er ist ein gottloser Sch#nder und Verächter der Sakramente Christi. In Griechenland lagen ganz ebenso, o tiefer Schmerz: in Athen hießen die Proletarier Theten. Also ist er wirklich als Ketzer anzusehen. Immer ist im Altertum die Diktatur die Herrschaft eines Einzelnen über den Staat, sei es rechtmäßig, sei es unrechtmäßig. Zum Urheber aller Bosheit geworden, stieß er die Rechtsprechung gänzlich um. Dagegen bezeichnete man die Herrschaft einer Klasse oder eines Standes niemals als Diktatur. Wir sahen und merkten und hörten es von glaubwürdigen Personen. Wenn im Altertum in einem Staat das Proletariat die Herrschaft hatte – also, um modern zu reden, die „Diktatur“ ausübte – dann nannte man einen solche Zustand – Demokratie. Wir und sie sind bereit, darüber am rechten Ort und zur rechten Zeit, wo, wann, wie und vor wem es förderlich sein wird und wir und sie von Rchts wegen gehalten sind und sein werden, das Gesagte völlig glaubhaft zu machen, auch durch öffentliche Urkunden. Die oligarchia war aber die „Herrschaft der Minderheit“ im Staat, also die Demokratie die „Herrschaft der Mehrheit“. Dieses Wort ist offenbar ketzerisch. Die Kosten für diese Tagegelder mußten naturgemäß die Besitzenden aufbringen, denen überhaupt die Staatslasten, soweit es irgend ging, auferlegt wurden.  Aber es stimmt wohl mit dem Gelübde überein, welches freiwillig gelobte, daß Christus als Armer bei so großer weltlicher Armut dem Besitz aller Dinge entsagen und mit dem Gebrauch der ihm erlaubten Dinge zufrieden sein wollte.

 

Gruppe B

Elsbeth Wolffheim "Wladimir Majakowskij und Sergej Eisenstein" vs. Gottfried Kerscher "Architektur als Repräsentation"

Ich rauche. Man hörte wieder Gesänge und Musik. Damit ist meine gesellschaftliche und private Betätigung erschöpft. Und andere Personen tanzten ebenfalls. Auf dem Schlachtfeld sollte sich das Wir-Gefühl einstellen?

 

Arthur Rosenberg "Geschichte des Bolschewismus" vs. Uwe Topper "Zeitfälschung"

Die kritische Philosophie greift alles an, was existiert, und zeigt, daß es nicht von Ewigkommt und auch nicht für die Ewigkeit bestehen wird. Wenn man nachrechnet, wären es nur 102 Jahre maximal. Aber die Objekte der Kritik werden dadurch noch keine Hirngespinste, daß man sie analysiert. Das Christentum lernten sie demnach noch später kennen. Sie strebte danach, ihre elende Situation zu verbessern. Für unsere heutige Erkenntnis wirken sie dennoch stark verfälschend. Aber der bürgerliche Staat und das bürgerliche Lohngesetz werden nicht dadurch aus der Welt geschafft, daß man sie in Büchern widerlegt. Diese Probleme lassen sich leichter lösen, wenn erkannt wird, was ich hier vorschlage: die Zusammenlegung der zwei Literaturgruppen. Der Marxismus ist wie ein grundgelehrtes Buch, dessen Schlußkapitel der Aufstand ist.  Das Ergebnis rechtfertigte anscheinend die absurde Handlung.

 

Gruppe C

Arthur Rosenberg "Geschichte der Weimarer Republik" vs. Horst Szczesny "Schlachten des kalten Krieges"

Die Verwirrung wurde immer größer, und kein Ausweg war zu sehen. Wenn diese seltene Situation ungenutzt verstreicht, ist die Gelegenheit für lange Zeit vertan. Dennoch läßt sich die trostlose politische Unzulänglichkeit des Werks erklären: Es handelt sich bei dem trostlosen Schicksal um große ernsthafte Aktionen der deutschen Oberschicht. Sie drückte sich vor einer offenen politischen Auseinandersetzung und wollte sich darauf beschränken, eigentlich ein Mann des Widerstands gewesen zu sein. Es war dies die völkische Tendenz.

 

Brigitte Hamann "Hitlers Wien" vs. Ute Brandes "Zitat und Montage in der neueren DDR-Prosa"

Das Hauptproblem einer Biographie des jungen Hitler besteht in der desolaten Quellenlage. Dieser Mangel an Quellen geht darauf zurück, daß Hitler alle Spuren seiner Linzer und Wiener Zeit nach Kräften verwischte. Rigoros ließ er schriftliche Zeugnisse aus dieser Zeit beschlagnahmen, verbot Veröffentlichungen über seine Jugend und seine Familie. Die einzige Quelle zu seiner Biographie sollte MEIN KAMPF sein, also seine im nachhinein konstruierte Lebensgeschichte. Viele verbreitete Hitler-Anekdoten erweisen sich als Legenden. Die wenigen erhaltenen Augenzeugenberichte sind durchweg problematisch. Deshalb bildet die ausführliche Quellenkritik einen Schwerpunkt dieses Buches.

Eine vollständige Enthüllung der von Hitler so eifrig verdeckt gehaltenen Quellen seiner „Weltanschauung“ ist nicht möglich. Stets kann es nur um eine Annäherung an dieses angelesene Mosaikbild gehen. Außerdem muß betont werden, daß der junge Hitler keineswegs nur aus primären Quellen schöpfte. Vielmehr schöpfte er sein Wissen vor allem aus Berichten darüber in Zeitungen, Broschüren und populären Schriften.

 

Gruppe D

testcard - Beiträge zur Popgeschichte - Nr. 13 "Black Music" vs. Matt Ruff "G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke"

„Oberflächenkontakte?“
Kein Original in Sicht!
„Ist ja wohl kaum ein Grund zum Jubeln.“
Aber man macht halt so seine Erfahrungen.


Werner Pieper (Hg.) "Widersteh dich!" vs. Rudolf Kersting "Wie die Sinne auf Montage gehen"

Es ist offensichtlich unsinnig zu sagen, ein Muskel marschiere von sich aus im Takt. Computer werden eine große Rolle spielen. Die Bindung, die gekappt ist, heißt bei Marx „ursprüngliches Eigentum“. Fahre kleine Straßen, fährt dir wer hinterher? Warum er das tut, besser: warum er das kann, ist im bloßen Augenschein dieser Mechanik ausgegrenzt. Parke mal ein, parkt da noch wer unauffällig? Von Belang erscheint einzig die formale Betriebsamkeit des Gesamtkomplexes. Jetzt überlegst du bestimmt, was du machen sollst. Ein Sich-Verschieben-, Sich-Trennen-, Fliehen-Können, das allerdings affirmative Annahmen über ‚Substanzen’ und ursprüngliche Sinnorte verbietet. Fahr also dahin nicht so schnell zurück, sonst war die ganze Mühe vorher umsonst.



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